„Shopping-Center-Marketing in Zeiten des digitalen Wandels“

Erschienen in „Shopping Center Future“, Falk Verlag

Artikel von Dr. Christof Glatzel

 

1. Der Wettbewerb wird härter

 

„Shopping-Center haben keine Zukunft mehr“, so oder so ähnlich heißt es beinahe täglich – in den Medien, aus dem Online-Handel und mitunter sogar aus der eigenen Branche. Auch rät man uns, dass der stationäre Handel sich etwas einfallen lassen müsse, um den Kunden zu halten. So titelt die Süddeutsche Zeitung jüngst online: „Inszenieren um zu überleben“.

Damit implizierte sie den Abgesang der „Konsumtempel“, sofern sich der stationäre Handel nicht vom Online-Handel differenziere.

Es ist wahr: Der stationäre Handel, und damit auch die Shopping-Center-Industrie, steht unter enormen Druck. Infolge der digitalen Revolution ist er aus seinem Dornröschenschlaf erwacht und seitdem rund um die Uhr omnipräsent. Internetgiganten wie Amazon, Zalando oder die Portale großer Marken bieten praktisch alles an. Detailbetrachtungen der Produkte aus allen Winkeln erlauben das Zoomen, bis der Kunde sämtliche Facetten und die Textur des Produktes erkennt. Die unmittelbare Verfügbarkeit, eine der letzten Bastionen des stationären Handels, relativiert sich obendrein zunehmend. Amazon beispielsweise arbeitet bereits am vorausschauenden Versand, der bestellte Ware prognostiziert, auf den Versandweg und somit möglichst nah an den Kunden bringt. Das beschleunigt die Lieferzeiten. Dagegen wirkt der stationäre Handel altbacken und die Politik geradezu verträumt: Sonntags sind die Läden in der Regel geschlossen. Selbst die Zahl der verkaufsoffenen Sonntage haben manche Bundesländer reduziert – etwa Nordrhein-Westfalen jüngst von dreizehn auf nur noch elf.

Eisig fegt der Wind des Wettbewerbs durch die Shopping-Center-Industrie – den einen oder anderen Projektentwickler in Deutschland hat er schon davon geweht. Die Entwicklungs-Pipeline ihrer noch aktiven Kollegen leert sich. Zum einen, weil Stadtrat und Verwaltung vieler Städte teils absurde Forderungen an die Projekte hinsichtlich Gestalt, Größe und Funktion stellen. Dies macht eines schlicht unmöglich: das Funktionieren des Shopping-Centers, sein ökonomisches Überleben. Zum anderen, weil die Vermietung neuer Projekte schwerer fällt. Insbesondere Klein- und Mittelstädte spüren zunehmend, dass sich selbst namhafte Projektentwickler schnell zurückziehen, sollten wichtige Erfolgsfaktoren wie ein ausreichendes analysierbares Einzugsgebiet oder die infrastrukturelle Anbindung nicht gegeben sein. Die Messlatte an diese Rahmendaten liegt heute weitaus höher als noch vor wenigen Jahren: Für die Mieter ist das Internet ein weiterer Absatzkanal – der Expansionsdruck vergangener Jahre ist passé.

Die gewachsene Achtsamkeit der Projektentwickler gegenüber Klein- und Mittelstädten ist allerdings nicht Ursache des Problems, sondern die Wirkung. Die Ursache ist immer der Kunde. Bis vor wenigen Jahren war der stationäre Handel für den Konsumenten fast ohne Alternative. Das eingeschränkte Angebot kleinerer Städte musste reichen. Denn der Weg in die nächste Großstadt, vitale Mittelstadt oder das Shopping-Center konnte mitunter weit sein. Darin liegt die zunehmende Beliebtheit des Online-Shoppings. Es ist eine willkommene Alternative mit positiven Attributen: eine (nahezu) uneingeschränkte Warenfülle, weitreichende Vergleichbarkeit der Preise, fast ohne jegliche Transaktionskosten, von zu Hause aus, 24 Stunden lang an sieben Tagen die Woche durchführbar. Somit stehen den Klein- und Mittelstädten schwere Zeiten bevor. Die gleichen Aussichten haben Großstädte ohne vitales Zentrum. Zu leicht ist deren geringes Warenangebot für den modernen Konsumenten des 21. Jahrhunderts zu substituieren.

 

  1. Gute Lagen haben ihren Preis

Wenn der Handel das Wagnis einer Ladeneröffnung eingeht, dann investiert er dort, wo der stationäre Handel noch intakt ist – in den 1a-Lagen der soliden Mittel- und Großstädte sowie den etablierten Einkaufszentren. Denn selbst wenn die Mieten hoch sind, der Umsatz ist es eben auch: Eine solche Investition hat ihren Preis für Mieter wie für Projektentwickler. Die Grundstücke sind meist mit Geschäftshäusern bebaut, die hohe Erträge generieren. Eigentümer solcher Immobilien haben in Zeiten niedriger Zinsen und wenig lukrativer Anlagemöglichkeiten an einem Verkauf wenig Interesse. Das ist für die Projektentwickler nichts Neues – gute Lagen haben ihren Preis. Doch die bereits erwähnten Konzentrationsprozesse verschärfen die aktuelle Situation. Daher spricht die Branche über die großen Möglichkeiten im Bestand der Einkaufzentren – im Neubau liegen diese nicht. Die große Zeit der Center-Entwicklungen ist über kurz oder lang vorbei.

Bestandsmodernisierung ist demnach das Zauberwort. Studien suggerieren hier enorme Potentiale, doch bleibt die große Modernisierungswelle bisher aus. Mietverträge mit langen Laufzeiten sowie restriktive Planungs- und Bauvorschriften sind die externen Hindernisse. Häufig fehlen zudem Wissen und finanzielle Mittel bei den Eigentümern. Hin und wieder kommt auch die Erkenntnis hinzu, dass eine richtige Modernisierung und Umstrukturierung  zweistellige Millionenbeträge erfordert. Aber zweifellos liegt das Potential der Branche im Bestand, im konsequenten Arbeiten am „Asset“.

Was bedeutet dies nun konkret für die Shopping-Center-Industrie? Für Einkaufszentren geht es nicht darum, im Konzert des stationären Handels mitzuspielen. Sie müssen für den Kunden auch dann wahrnehmbar sein, wenn das Internet alles zu übertönen scheint. Und dies gelingt, wenn sich die Shopping-Center-Industrie drei Erkenntnisse zu Eigen macht:

 

  1. Es geht nicht gegen das Internet, es geht nur mit ihm.
  2. Ein Shopping-Center muss für den Kunden als Marke erkennbar sein die eine Geschichte erzählt, klar positioniert ist und Emotionen weckt.
  3. Shopping-Center müssen einen exzellenten Service bieten.

 

 

  1. Shopping-Center müssen eine „Digital Experience“ bieten

Der überwiegende Teil der Kunden ist schon heute immer und überall online. Smartphones erlauben Preisvergleiche des ausgesuchten Produktes noch im Laden. Zusätzliche Produktinformationen sind abrufbar, Fotos der Ware werden mit Freunden geteilt, die ihre Meinung dazu abgeben können. Das Shopping-Center muss darauf eingestellt sein und den Kunden in seinen Einkaufsmustern unterstützen. Ein kostenloser, überall verfügbarer Internetzugang mit hoher Übertragungsrate ist Pflicht. Der Vorteil: Greift der Kunde über das Netz des Einkaufzentrums auf das Internet zu, steht er im Kontakt zum Center. Lounge-Bereiche und Ladestationen für Mobiltelefone und Tablets aller Hersteller vervollständigen dieses Angebot.

 

3.1 Online-Kommunikation ist keine Einbahnstraße

Dieser Service ist nur ein kleiner, wenn auch bedeutender Teil einer umfassenden „Digital Policy“. Jedes Einkaufszentrum sollte zudem über eine App sowie professionell vernetzte Web- und Mobilseiten verfügen. Eine Center-App zu programmieren und online zu stellen ist einfach – eine App zu kreieren, die stets einen wirklichen Mehrwert für den Kunden bietet, ist dahingegen aufwendig. Aktuelle Angebote der Einzelhändler sind möglichst tagesaktuell einzustellen. mfi/Unibail-Rodamco hat hierzu einen „Content Loader“ entwickelt. Damit können das Center-Management oder sogenannte Scouts mit ihren Smartphones Fotos der Angebote in den Shops machen und automatisch an eine zentrale Stelle senden. Diese sind nach Freigabe auf allen Center-Seiten wie Apps, Websiten sowie den Infostelen und digitalen Bildschirmen im Shopping-Center für Kunden abrufbar. Weiterhin sollten zum Beispiel Angebote der Gastronomen tagesaktuell abrufbar sein. Gleiches gilt für Trailer von Filmen, die im Kino des Centers laufen, verbunden mit der Möglichkeit, die Karten dafür mit wenigen Klicks online zu bestellen.

Online-Kommunikation ist aber keine Einbahnstraße, sondern muss in beide Richtungen funktionieren. Nur dann ist sie wirklich erfolgreich. Soziale Netzwerke wie Facebook und Co. bieten Plattformen, um mit den Kunden zu kommunizieren und diese selbst als Promoter für die Center einzusetzen. mfi/Unibail-Rodamco beobachtet stets den eigenen „Net Promoter Index“ und versucht, diesen zu verbessern: Kontakte zu aktiven Befürwortern eines Shopping-Centers werden gepflegt und gefördert, während die Gegner durch direkte Ansprache möglichst umgestimmt werden sollten.

Shopping-Center sind geschützte und durch ein zentrales Management betreute Räume, die eine Vielzahl angesagter Marken beherbergen und hohe Tagesfrequenzen mit hohen Wiederholungsbesuchern haben. Das sind optimale Voraussetzungen für das Angebot von „Click&Collect“. So können die Kunden ihre Online-Bestellungen über den Center-Service abwickeln.

 

3.2 „Big Data“ in den Centern

Die „Digital Policy“ jedoch mündet nicht nur darin, den Service und das Erlebnis für den Kunden zu maximieren, sie eröffnet dem Center-Betreiber noch weitere Möglichkeiten. Denn Kunden mit Smartphones senden stets Signale. Verschlüsselt und damit von der Person entkoppelt bieten sie dem Center-Manager die Chance, den Weg des Kunden nachzuvollziehen. Kombiniert mit entsprechenden Kamerasystemen an den Eingängen und vertikalen Bewegungsachsen des Shopping-Centers lassen sich so unter anderem faszinierende Informationen hinsichtlich des Kundenverhaltens, der Frequenzen und der Zusammensetzung der Kundengruppe ableiten. Kurzum: „Big Data“ ist längst auch in Shopping-Centern angekommen. Ein weiteres Beispiel ist die Apple-Technologie „iBeacon“. Sie ermöglicht den unmittelbaren Kontakt mit dem Kunden auch ohne Internetverbindung. Das System erkennt den jeweiligen Aufenthaltspunkt des Kunden und kann ihm passende, individuelle Angebote unterbreiten.

Auch Mieter und Center-Dienstleister können über entsprechende Hard- und Software in unmittelbarem Kontakt stehen: Sieht der Verkäufer im Laden, dass etwas im Center nicht stimmt, sendet er ein Signal an den entsprechenden Kontaktpartner. Die digitalen Systeme bieten also auch eine Vielzahl von Möglichkeiten der Optimierungs- und Effizienzsteigerung.

  1. Shopping-Center erzählen eine Geschichte und bieten Erlebnisse

Der mfi Gründer Roger R. Weiss war sich schon früh bewusst, dass Einkaufszentren den Gesetzmäßigkeiten der Markenwelt unterliegen, wie jedes andere Markenprodukt auch. Deshalb schuf er vor mehr als zehn Jahren die Marke Arcaden, die das Dach für alle mfi-Center darstellte, diese Marke steht für hohe Bau-, Ausführungs- sowie Center-Management-Qualität und ist eine effiziente Werbefläche. Kunden, Städte aber auch Investoren wissen, was sie in einem mfi Arcaden-Center erwartet.

Mit dem Einstieg von Unibail-Rodamco bei mfi veränderte sich diese Marschrichtung: Heute bietet jedes neu geschaffene Shopping-Center eine einzigartige Lösung, angepasst an den jeweiligen Standort mit seiner ganz individuellen Kunden- und Wettbewerbssituation. Ein Positionierungsprozess für die einzelnen Center wird implementiert, in dem alle relevanten Marktforschungstools zur Anwendung kommen (zum Beispiel Fokusgruppenbefragung). Die daraus gewonnenen Informationen bilden die Grundlage, auf der die Architekten und Designteams das Konzept für das Shopping-Center entwickeln. Basis dafür ist eine Geschichte, die sich wie ein roter Faden durch den gesamten Auftritt zieht und den Kunden auf seiner „Customer Journey“ begleitet. So entsteht ein konsistentes Markenprodukt wie das neue Center in Mönchengladbach, das alle fünf Sinne anspricht.

4.1 Differenzierung als Merkmal

Am deutlichsten wird dieser Ansatz des neuen Mönchengladbacher Einkaufszentrums am Beispiel der Highlight-Fassaden, eines Gestaltungselements, das den Kunden zum Teil Etagen- und Ladenübergreifend in eine bestimmte emotionale Welt führt. An jeder dieser Fassaden erlebt der Kunde einen bestimmten Duft, dazu passende Klänge sowie eine besondere Art der Haptik, die mit der visuellen Gestaltung dieses Mall-Abschnitts eine Stimmung bei dem Kunden hervorruft. Künftig wird dem Kunden in jedem mfi/Unibail-Rodamco Shopping-Center ein ganz eigenes Erlebnis geboten. Jedes Center erhält seinen individuellen Namen. Differenzierung ist damit ein wesentliches Kriterium. Damit das Shopping für den Kunden zum Erlebnis wird, das es sinnvoll erscheinen lässt, den Einkauf in der stationären Welt – und nicht online  vorzunehmen, stehen Centern eine Reihe von Instrumenten zur Verfügung. Ein wesentlicher Punkt ist das gastronomische Angebot: Während in den 1980er und 1990er Jahren der Gastronomieanteil in den Shopping-Centern lediglich vier bis sechs Prozent betrug, ist er heute auf bis zu zehn Prozent angestiegen. Sitzgelegenheiten in den „Food Courts“ durften früher nicht zu bequem sein – der Kunde sollte konsumieren und dann dem nächsten zahlenden Gast den Platz frei machen. Heute sind Aufenthaltsqualität und Verweildauer Prämisse. Die Center versuchen zunehmend, das Fast-Food-Angebot durch niveauvolle Bediengastronomie, möglichst mit Außenbestuhlung und Abendbetrieb, zu ergänzen. Die „Dining Experience“ ist ein dazu passendes Konzept von mfi/Unibail-Rodamco Shopping, das einen umfassenden Katalog an Services und Erlebnissen für den Food-Bereich aufführt.

4.2 Auf die Positionierung einzahlen

Auch die Kioske und Aktionen in der Ladenstraße bieten besonders eindrucksvolle Erlebnisse für den Besucher. Daher verdienen diese Flächen besonderes Augenmerk, mfi/Unibail-Rodamco bündelt seine Mall-Vermarktung unter dem Begriff „Brand Events“, eine marketingaffine Organisationseinheit, die sowohl markenbezogene „Road Shows“, kurzfristige „Removal Units“ (kurzfristige Vermietungen), als auch mittelfristige (zwei bis drei Jahre) Mall-Vermietungen verantwortet. Der Ertrag ist hierbei wichtig, aber nicht alles: Die Vermietung hat ganz besonderen Anforderungen an die Qualität zu folgen, die möglichst in die Positionierung des Centers einzahlen zu helfen, eine Geschichte zu erzählen.

„Wow“- Effekte an strategisch bedeutenden Stellen des Shopping-Centers sorgen für zusätzliche Erlebnis- und  Aufenthaltsqualität. Wie so oft gilt: Das theoretische Wissen um die Bedeutung all dieser Instrumente ist vorhanden – die disziplinierte Umsetzung ist relevant und entscheidet schließlich über Erfolg und Misserfolg.

5. Shopping-Center bieten exzellenten Service

Das „4-Sterne“-Servicelabel – ein mehr als 600 Einzelmaßnahmen umfassender Katalog – ist eine besondere Serviceoffensive der mfi/Unibail-Rodamco Center. Darin wird die gesamte „Costumer Journey“ des Kunden nachvollzogen und an jeder Station überprüft, wie dem Besucher der Aufenthalt so angenehm und einfach wie möglich gemacht werden kann. Die „Reise“ des Kunden beginnt meist schon zu Hause mit der Planung seines Einkaufs. Optimale Gestaltung der Webseiten und Apps mit wohldosierten „Push-Mails“ sind hier relevant. Danach zählt der erste Eindruck vor Ort. Unsere „Welcome Attitude“ fängt im Parkhaus an – mit entsprechenden Willkommensgesten: freundliche, helle Farben, Musik und Parkleitsystem bis hin zur Empfangslobby. Im Center angekommen folgt eine möglichst einfache Orientierung. Indoor-Navigation, kleine Broschüren mit Etagenplänen, interaktive Navigationsdesks sowie Infostelen an den Rolltreppen und Aufzügen sind mittlerweile Standard. Aber auch hier liegt der Unterschied in den Details: Ein Blick in die Kundentoiletten beispielsweise zeigt deutlich die verschiedenen Philosophien der Center-Entwickler und -Betreiber. Während in einigen Shopping-Centern kostenpflichtige und wenig ansehnliche Kundentoiletten, versteckt in den Parketagen, angesiedelt sind, werden sie in anderen Centern kostenfrei angeboten, der Zugang zu den Toiletten ist hochwertig gestaltet und mit Sitzgelegenheiten für wartende Begleiter ausgestattet. Dem Kunden wird in der Örtlichkeit zudem jeder erdenkliche Service geboten – von kontaktfreien Wasserhähnen, Schminkspiegeln und Babywickelräumen mit entsprechender Ausstattung bis hin zu kleinen Details wie Haken für Mantel und Regenschirm.

Der „4-Sterne“-Kriterienkatalog umfasst jedoch nicht nur die Ausstattungsmerkmale des Centers. Das gesamte Personal – vom Center-Manager über die Haustechniker bis hin zum Wach- und Putzpersonal – ist involviert. Ein Trainer schult die Mitarbeiter in Bezug auf ihr Erscheinungsbild und bereitet sie auf Kundengespräche vor. Jeder sollte sich als Aushängeschild des Centers begreifen. Der „4-Sterne“-Katalog hat noch einen positiven Nebeneffekt: Die Mitarbeiter sind sich der Wichtigkeit ihrer jeweiligen Rolle bewusst und freuen sich über die Aufmerksamkeit. So fühlen sie sich in ihrer Arbeit wertgeschätzt. Aus dieser Situation heraus gehen sie proaktiv auf den Kunden zu und helfen ihm, sich im Center zurechtzufinden. Das steigert die Aufenthaltsqualität des Kunden enorm. Auch die Mieter werden in die Serviceoffensive einbezogen: Jedem steht das Angebot offen, seine Mitarbeiter von den Servicetrainern der mfi/Unibail-Rodamco schulen zu lassen. In den Pasing-Arcaden in München nahmen rund 80 Prozent der Mieter diesen Service in Anspruch.

Die erfolgreiche Umsetzung eines exzellenten Services wird monatlich durch „Mystery Shopper“ überprüft. Dabei nehmen diese sowohl das Center als auch die Mieter unter die Lupe und dokumentieren ihre Eindrücke aus Kundensicht. Die Ergebnisse werden anschließend ausgewertet und besprochen. Bei zufriedenstellender Erfüllung der Servicekriterien kann ein Center mit dem „4-Sterne“-Siegel zertifiziert werden – so geschehen in den Pasing Arcaden in München. Das Shopping-Center erhält 2014 als erstes Shopping-Center in Deutschland vier Sterne. Hierzu arbeitet mfi/Unibail-Rodamco mit einem internationalen Auditor aus dem Hotel- und Gaststättenbereich zusammen, der die Umsetzung und Einhaltung des Serviceskatalogs prüft und bei Erreichung einer Mindestpunktzahl das Gütesiegel vergibt. Dieses wird schließlich fester Bestandteil des Center-Logos.

6. Ausblick

Der Kampf um den Kunden beginnt schon vor der Eröffnung des Shopping-Centers mit der Akquisition und geht weiter mit Kundenbindungsprogrammen – denn einen neuen Kunden zu gewinnen ist aufwendiger, als einen gewonnenen Kunden zu halten – und endet schließlich mit Rückgewinnungs-Programmen. In Zeiten grenzenloser Kommunikation spielt hierbei „Social Marketing“ eine immer wichtigere Rolle. Insbesondere sind die aktiven Kontakte des Shopping-Centers zu pflegen, denn sie promoten das Center in den sozialen Netzwerken nachhaltiger als manche Werbekampagne des Eigentümers. Diesen Kunden ist im wahrsten Sinne „Raum“ zu geben.

Erlebnis und Service haben im stationären Handel eine besondere Bedeutung. Es gilt, besser zu sein als die konkurrierenden Standorte – das Shopping-Center muss sich positiv abheben. Eigentümer und Entwickler müssen bereit sein, Geld in die Entwicklung und Pflege der oben beschriebenen Erfolgskomponenten zu investieren. Kapitalstarke Eigentümer, die im Besitz vieler erfolgreicher Shopping-Center sind, werden ihre Größenvorteile ausspielen und die Entwicklungskosten auf die einzelnen Center verteilen. Sind sie darüber hinaus auch in der Lage respektive willens, ihr Portfolio stets kritisch zu prüfen und zu optimieren, werden sie als Gewinner aus einem zunehmend umkämpften stationären Einzelhandelsmarkt hervorgehen.

Eines ist sicher: Shopping-Center haben mit ihrem witterungsgeschützten Raum einen großen Vorteil gegenüber Einkaufsstraßen – über den übrigens auch Warenhäuser verfügen. Produkte und Leistungen rücken hier näher an den Kunden als auf der Straße. Im Münchener Stadtteil Pasing etwa hat mfi dies zusammen mit dem international tätigen Architekturbüro Schwitzke und Partner noch verfeinert. Mietertrennelemente wurden breiter ausgeführt und von der Mall weg zu Laden hineingeschoben. Der nächste Schritt könnte die sukzessive Auflösung der klaren Trennung zwischen Mall und der einzelnen Läden untereinander sein – verschiedene Retail-Welten verschmelzen dann beispielsweise im Eingangsbereich und entdecken gemeinschaftliche Aktionsflächen, die sie zusammen mit dem Center-Management bespielen. Es entstehen sogenannte „Open Spaces“. Doch bis dahin ist es noch ein Stück zu gehen. Zudem machen solche Experimente nur in Top-Lagen Sinn. Denn nur dort sind Retailer bereit, neue Wege zu beschreiten und ein Experiment zu wagen.

Nach wie vor gilt: Das Shopping-Center vereint eine Vielzahl von Einzelhandelsmarken in einem Raum höchster Aufenthaltsqualität. Dabei kann es den Mieter-Mix eigenverantwortlich immer wieder an die neuesten Kundenwünsche anpassen. Solange es den stationären Handel gibt, wird das Shopping-Center einen wichtigen Stellenwert in der Welt des Einzelhandels haben.